Wählen Unternehmen Bewerber/innen wirklich durch Handschriftanalyse aus?

Es gibt sie tatsächlich: Deutsche Unternehmen, die ihr Personal durch Handschriftenproben auswählen. – Unterstützt wird diese Vorgehensweise durch Fachbücher, die üblicherweise in der Weiterbildung zur/zum „Geprüften Personalfachkauffrau / Personalfachkaufmann“ als Lehrwerk eingesetzt werden.

Was ist Grafologie?

Die Vorstellung, dass sich in der Handschrift eines Menschen dessen Persönlichkeit spiegelt, ist Jahrhunderte alt. Die Mehrheit der Grafologen geht davon aus, dass individuelle Merkmale einer Handschrift Rückschlüsse auf die Persönlichkeit eines Menschen zulassen.
Kurzum gesagt: Wer also die richtige Deutung kennt, kann aus der Handschrift eine Vielzahl persönlicher Eigenschaften ableiten.

Was sagen Studien zur Aussagekraft grafologischer Gutachten?

(Siehe Abbildung 1)

1 Schritt: Den Grafologen wurde ein handgeschriebener Lebenslauf der Bewerber/innen vorgelegt. Nun sollten die Grafologen die zukünftige berufliche Leistung vorhersagen. Ergebnis: Schwache 3% !

2 Schritt: Psychologen, die keine Kenntnisse von Handschriftendeutung hatten, sollten nun ihre Einschätzung über die zukünftige berufliche Leistung anhand eines handgeschriebenen Lebenslaufs vorhersagen. Ergebnis: Schwache 3%!

3 Schritt: Nun sollten völlige Laien ihre Einschätzung anhand eines handgeschriebenen Lebenslaufs abgeben. Ergebnis: 4 %!

4 Schritt: Nun sollten Grafologen anhand einer handgeschriebenen Seite die zukünftige berufliche Leistung vorhersagen. Ergebnis: 0%!

Fazit:

Unternehmen, die Bewerber/innen mithilfe grafologischer Gutachten einstellen, sollten ihr Auswahlverfahren dringend reformieren. Nicht nur, dass die Aussagequalität eines grafologischen Gutachtens praktisch nutzlos ist, so sorgt dieses angewandte Verfahren auch bei potentiellen Bewerbern und Bewerberinnen für eine ablehnende Haltung. Studien haben auch hier ergeben, dass gute Bewerber/innen ihre Bereitschaft, bei einem Unternehmen anzufangen, erheblich von der Seriosität und Transparenz eines Einstellungsverfahrens abhängen.

Richtig schlimm ist die Tatsache, dass in vielen aktuellen Fachbüchern für angehende Personalfachkaufleute (IHK) eine Empfehlung ausgesprochen wird. Hier kann ich als Dozent nur den Tipp geben: Finger weg von solcher Fachliteratur!

Wer echtes Interesse daran hat, wie man wissenschaftlich valide Methoden für ein Auswahlverfahren (AC) auswählt und entwickelt, dem empfehle ich den Besuch meines Lehrgangs zum Gepr. Personalfachkaufmann / zur Gepr. Personalfachkauffrau.